Communiqué – Reaktion auf Auflagenbescheid zum Heimspiel gegen LOK Leipzig

In den letzten beiden Wochen tat sich mal wieder ein Nebenkriegsschauplatz für die SÜDKURVE JENA auf, der einer tieferen Auseinandersetzung bedarf.

Mit dem heutigen Tag steht ein Maßnahmenkatalog von Polizei und Ordnungsamt im Raum, der dem FC Carl Zeiss Jena als Veranstalter als Auflagenbescheid für den sportlichen Vergleich mit Lok Leipzig aufgezwungen wurde. Der Hintergrund dessen ist vermeintlich die Auswertung mehrerer Heimspiele unseres Vereins, in deren Zusammenhang erst durch kritikwürdige Öffentlichkeitsarbeit und Polizeiberichte im Nachgang Umstände in Verbindung mit dem Verhalten der aktiven Fanszene öffentlich dramatisiert wurden.

In der Presse war hierbei in der vergangenen Woche vom Ergebnis eines offenen Dialogs mit Sicherheitsbehörden, Bedenkenträgern und der aktiven Fanszene die Rede. Davon distanzieren wir uns vollumfänglich. Wir haben nach der ersten für uns überraschenden Pressemitteilung vom 21. November 2022 gegenüber Vertreter:innen der Spielbetriebs GmbH deutlich gemacht, dass die aufgeführten Maßnahmen grundsätzlich dem gesunden Menschenverstand hinsichtlich eines geordneten und für alle Besucher sicheren Stadionerlebnisses widersprechen. Vielmehr erkennen wir eine eindeutige Schuldzuweisung für Versäumnisse Dritter zu Lasten der SÜDKURVE, die wir nicht unkommentiert lassen dürfen.

Maßgeblich ursächlich für die Entwicklungen sind offensichtlich Vorfälle bei den Heimspielen gegen den VfL Wolfsburg am 30.07.2022 und den FC Energie Cottbus am 28.09.2022. Auf Kommentare zu den theatralischen, mit etwas Abstand beinahe komödiantischen Presseberichten zum erstgenannten Spiel verzichten wir. Allen Verantwortlichen im Verein, der Spielbetriebs GmbH und des Stadionbetreibers haben wir mitgeteilt, dass eine Vorverurteilung und medialer Aktionismus nichts mit blaugelbweißem Zusammenhalt gemein hat.

Bevor wir einzelne Punkte des o.g. Maßnahmenkatalogs aufgreifen, möchten wir an dieser Stelle deutlich machen, dass wir als verantwortungsbewusste Ultras, engagierte Fanszene und aktive Mitglieder nicht Partei ergreifen für die Teile des Cottbusser Anhangs, die mit dem Abschuss von Leuchtspuren in (vorwiegend mit Familien oder Älteren gefüllte) Blöcke der Haupttribüne Verletzungen in Kauf genommen haben. Die Aktion erwies allen fanszeneübergreifenden Bestrebungen, den Einsatz von Pyrotechnik zu entkriminalisieren, einen Bärendienst und verdient keine anderen Prädikate als würdelos und feige.

Die SÜDKURVE JENA kritisiert folgende angekündigte Maßnahmen in aller Schärfe und bezieht hierzu Stellung:

  • Materialkontrolle (durch Fanbeauftrage und Security) im Beisein der Polizei, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von Spürhunden

Das hohe Maß an Vertrauen zwischen der Fanszene und den Fanbeauftragten ist Ergebnis mehrjährigen respektvollen Umgangs miteinander. Die Polizei ist hierfür schlicht nicht zuständig, der Einsatz von Spürhunden menschenunwürdig. Die damit verbundene Auferlegung der Kosten zu Ungunsten des FCC kommt einem schlechten Scherz nahe. In Reihen der gewerblichen Security arbeiten regelmäßig bekennende Feinde unseres Vereins, der aktiven Anhängerschaft und dem Weltbild weiter Teile der Anhängerschaft. Es ist und bleibt eine rote Linie, ebenso wie das Akzeptieren der Stigmatisierung von materialtragenden und –verwendenden Anhängern.

  • Kontrolle unserer Verkaufsstände durch Security, Polizei und Spürhunde

Auch mit einem Höchstmaß an Fantasie ist nicht ersichtlich, warum dieser selbstverwaltete Bereich durchsucht werden soll. Für uns verdichtet sich die Annahme, dass die Verkaufsbude im Übergangsblock stellvertretend für den Schaffens- und Wirkungsbereich der SÜDKURVE nun regelmäßig einer grundlosen und ebenso kriminalisierenden Maßnahme unterzogen werden soll.

  • Punktuell verschärfte Einzelkontrollen beim Verdachtsmoment im Einlassbereich

In diesem Punkt wird der Weg für Individualkontrollen in sichtgeschützten Bereichen geebnet und die Verhältnismäßigkeit mit Füßen getreten! Die Einlasskontrollen sind grundsätzlich  Aufgabe der vereinseigenen oder gewerblichen Ordner. Es entbehrt auch objektiv jegliche Grundlage, warum FCC-Fans fortan der Willkür von Einsatzleitern von Polizei und Security ausgesetzt werden sollen, weil rein subjektive Verdachtsmomente vorliegen. Wer definiert den „Verdachtsmoment“ und noch konkreter: wie definieren sich die im Raum stehenden Einzelkontrollen? Gerade vor dem Hintergrund zum Teil menschenunwürdiger Personenkontrollen im Rahmen von Fußballspielen in den letzten Jahren muss diese geplante Maßnahme nicht nur aus Sicht der Anhängerschaft entschieden abgelehnt werden.

  • Verbot des Zutritts von Fans anderer Vereine als des Gastvereins in den Gästeblock, Einsatz von SKBs zur Identifizierung

Die hiermit geplante Maßnahme ist höchstgradig respektlos und diskriminierend gegenüber einer jeden Fanszene, unabhängig vom Verhältnis zum FCC. Fanfreundschaften gehören seit Jahrzehnten zum Fußball und wir werden nicht zulassen, dass in Jena der Grundstein für ein pauschales Aussperren der mitgereisten Freunde von Gastvereinen gelegt wird. Unabhängig von der generellen Ablehnung dieser neuen Repressions-Qualität schreit der geplante Einsatz von Szenekundigen Beamten zur Aussortierung von Zuschauern nach einem nicht hinnehmbaren Überhöhen polizeilicher Zuständigkeiten.  

Wir zweifeln in aller Deutlichkeit an der Kompetenz von Sicherheitsbehörden, die zur Einschätzung kommen, dass durch diese Maßnahmen verhindert werden soll, dass Gästeanhänger Leuchtraketen in Heimbereiche schießen. Der Begriff Sippenhaft wirkt untertrieben, führt man sich die extrem konfliktträchtige und in dieser Form bundesweit einmalige Vorgehensweise vor Augen. Beim Blick in jedes andere Fußballstadion wird deutlich, wie unlogisch und maßlos fehlgeleitet schon allein der Gedanke an eine solche Maßnahme ist.

Wie bewerten die Urheber des Repressionskatalogs die eigene Arbeit in Vorbereitung des Cottbus-Spiels oder dass sich Auswechselspieler eines Gastvereins (Wolfsburg) in Abwesenheit ihrer Mannschaftskollegen und des Sicherheitsdienstes Wortgefechte mit Zeiss-Fans liefern und im Nachgang die Lügen von Hetzjagden kursieren? Und: Wer bewertet selbstkritisch, dass Zuschauer mit offen zur Schau getragenen Fanutensilien rivalisierender Vereine Zutritt zum Heimbereich bekommen?

Bei so viel Abwegigkeit könnte man auch zum konspirativen Schluss gelangen, dass hier bewusst Fehler gemacht wurden, um eskalierende Situationen zu ermöglichen, eine Repressionsgrundlage zu schaffen und eine kritische, progressive Fanszene zu drangsalieren – das sparen wir uns an dieser Stelle.

Die reine Androhung, die vorgenannten Maßnahmen durchführen zu können, überschreitet eine rote Linie, ist unbegründet repressiv und nicht nur für die Jenaer Fanszene, sondern auch alle zukünftigen Gästeanhänger eine diskriminierende Zumutung! Die aktive Fanszene behält sich eine konsequente und geschlossene Reaktion auf die Maßnahmen vor.

Wir fordern weiterhin die offiziellen Vertreter:innen (kraft Amt und/oder Anstellung) der FC Carl Zeiss Jena Spielbetriebs GmbH und des FC Carl Zeiss Jena e.V. dazu auf, in Zukunft Haltung zu zeigen und zu bewahren und keine derartigen Repressalien für die Anhänger des Clubs zu akzeptieren.

Es muss endlich Schluss damit sein, dass sich dutzende Menschen nach jedem noch so kleinen Vorfall im Ernst-Abbe-Sportfeld im Aktionismus überbieten und die eigene Anhängerschaft diffamieren. Dieser Umstand ist nicht nur unwürdig, sondern überdies peinlich. Es ist an der Zeit, den Kräften im Fußball nüchtern und klar zu begegnen, welche jede Gelegenheit (so wie diese, aktuell) nutzen, um Keile in den Verein und gewachsene Konstellationen/Strukturen zu treiben. Wir können weder die einmalige Anwendung, noch die Etablierung solcher bodenlosen Sicherheitsmaßnahmen hinnehmen und werden einer traurigen Vorbildwirkung auch für andere Fußballstadien entschlossen entgegentreten.

SÜDKURVE-RAT DES FC CARL ZEISS JENA